Internationaler
Erfolgsfaktor
Vertriebspartner
Entscheidend für Erfolg oder Misserfolg auf Auslandsmärkten ist die Auswahl des richtigen Partners, ob Handelsvertreter oder Vertragspartner. Und eine solide, rechtliche Vertragsbasis. Je nach Zielmarkt können die rechtlich zulässigen Gestaltungsoptionen variieren. Gerade bei Beendigung von Verträgen kann es bei Unkenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen zu (unerwarteten) finanziellen Folgen kommen. In diesem Beitrag wird der sog. „Ausgleichsanspruch“ näher beleuchtet, der insbesondere im Falle der Zusammenarbeit mit einem Handelsvertreter von Relevanz ist.
Handelsvertreter versus Vertragshändler
Handelsvertreter
- Vermittelt Geschäfte, Exporteur verkauft direkt an Kunden
+ Keine Fixkosten; Umsatz-Provision
+ Zugang zum bestehenden Kundenstamm des Handelsvertreters
– Geringere Vertriebskontrolle, Handelsvertreter ist nicht weisungsgebunden
– Ggf. lange Kündigungsfristen und kostspielige Ausgleichsansprüche
Vertragshändler
- Agiert im eigenen Namen und auf eigene Rechnung
- Freie Vertragsgestaltung
+ Keine Fixkosten
+ Schneller Marktzugang – Zugang zum bereits bestehenden Kundenstamm
+ Teil des unternehmerischen Risikos trägt der Vertragspartner
– Vertragshändler verlangt meist Gebietsschutz / Exklusivität
– Händler kommuniziert – im Regelfall – mit dem Kunden („Black Box“ für Sie als Exporteur)
Ausgleichsanspruch
Handelsvertreter
Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gebührt dem Handelsvertreter ein angemessener Ausgleichsanspruch, wenn und soweit …
- er dem Unternehmer neue Kunden zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert hat
- zu erwarten ist, dass der Unternehmer oder dessen Rechtsnachfolger aus diesen Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen kann, und
- die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit den betreffenden Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht
- Der Ausgleichsanspruch für den Handelsvertreter entfällt, wenn
- der Handelsvertreter den Vertrag selbst kündigt (außer bei Vorliegen schwerwiegender, wichtiger Gründe),
- die Vertretung an einen Dritten weitergibt
- das Unternehmen den Vertrag außerordentlich kündigt (wichtige Gründe)
Vertragshändler
Auch der Vertragshändler hat unter Umständen einen Ausgleichsanspruch, wenn …
- der Vertragshändler wie ein Handelsvertreter derart in die Absatzorganisation des Unternehmens eingebunden ist, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat; und
- verpflichtet ist, dem Unternehmer spätestens bei Beendigung des Vertriebsvertrages den Kundenstock zu überlassen.
Im Vergleich: Ausgleichanspruch in Deutschland und FRA
Es gibt zwar eine EU-weit geltenden Handelsvertreter-Richtlinie, aber die Rechtsprechung kann je nach Land variieren, wie dies der Vergleich zwischen Deutschland und Frankreich beispielsweise betreffend Höhe des Ausgleichsanspruchs verdeutlicht. Auch die Rechtsprechung betreffend Ausgleichsanspruchs bei altersbedingter Kündigung ist je nach EU-Land unterschiedlich.
Deutschland
Grundsätzlich steht dem Handelsvertreter im Falle der Beendigung des Vertragsverhältnisses unter den Voraussetzungen des §89 b des HGB ein Ausgleichsanspruch zu, wenn Neukunden geworben wurden, mit denen das Unternehmen nach Beendigung des Vertrags voraussichtlich noch Geschäfte machen wird. Der Vorteil, den der Handelsvertreter dem Unternehmen gebracht hat, ist auszugleichen. Ausgleichsanspruch kann aber max. eine Jahresprovision aus dem Durchschnitt der Provisionen/Vergütungen der letzten 5 Jahre betragen.
Der Ausgleichsanspruch entfällt regelmäßig, wenn der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis selbst kündigt, außer bei altersbedingter Kündigung (im Allgemeinen mit Erreichen des allg. Renten- bzw. Pensionsalter). Diese Regelaltersgrenze steigt seit 2017 pro Jahr um einen Monat.
Frankreich
Das französische Recht gewährt dem Handelsvertreter einen Schadenersatzanspruch (Einkommensentgang) in Höhe von 2 Jahresprovisionen aus dem Durchschnitt der letzten drei Jahre, ohne Rücksicht auf Altkundenbestand bzw. Neukundenwerbung, d.h. unabhängig vom Vorteil, den der Handelsvertreter dem Unternehmen gebracht hat.
Es mag daher sinnvoll ein, beispielsweise die Anwendung österreichischen Rechts, ebenso die Zuständigkeit eines österr. Gerichts zu vereinbaren – und zwar vertraglich. Wenn kein schriftlicher Vertrag vorliegt („Handschlagsabkommen“), dann gilt grundsätzlich französisches Recht.
Achtung – Verwechslungsgefahr! Handelt es sich tatsächlich um einen Handelsvertreter (agent commercial, selbständiger Handelsvertreter) oder um einen VRP (Voyageur Représentant Placier; Handelsreisender)?
Der VRP ist ein Handelsreisender, der wie ein Handelsvertreter auf Provisionsbasis (eventuell mit Fixum) arbeitet (und der auch für mehrere Firmen tätig sein kann), aber Arbeitnehmer ist (mit eigenem franz. Tarifvertrag, u.a. keine Arbeitszeitobergrenze).
Tipps
- Lassen Sie sich vor Vertragsabschluss einen Auszug aus dem Registre spécial des agents commerciaux vorlegen
- Vermeiden Sie– in der Zusammenarbeit – ein für Arbeitnehmer typisches Unter-/ Überordnungsverhältnis
Informationen wurden nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert. Wir übernehmen keine Haftung für Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit. Sie sollten im Bedarfsfall jedenfalls einen Rechtsanwalt, der die aktuellen, länderspezifischen, rechtlichen Gegebenheiten kennt, konsultieren.
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